Aktuelles von Pohlmann & Company

28.11.2022

SEC verhängt Strafe gegen Goldmann Sachs wegen der Nichtbefolgung eigener ESG-Richtlinien

Die Securities and Exchange Commission (SEC) hat am 22. November 2022 in einer Pressemeldung verkündet, dass sie eine Anordnung gegen Goldmann Sachs Asset Management (Goldmann Sachs) wegen der Nichtbefolgung und Nichtumsetzung der eigenen ESG-Richtlinien und Verfahren erlassen hat.

Goldmann Sachs hat dem Erlass der Anordnung der SEC zugestimmt, in dem festgestellt wird, dass das Unternehmen gegen den US-Investment Advisers Act verstoßen hat. Ohne die Feststellungen der SEC zuzugeben oder zu bestreiten, stimmte Goldmann Sachs zur Beilegung der Vorwürfe einer Unterlassungsverfügung, einer Rüge und einer Strafe in Höhe von 4 Mio. US-Dollar zu.

Im Kern betrifft das Verfahren den Vorwurf, dass Goldmann Sachs im Zeitraum April 2017 bis Februar 2020 seine eigenen ESG-Richtlinien und Verfahren beim Investmentprozess nicht konsequent eingehalten habe, die zuvor den im Vertrieb involvierten Handelsintermediären, wie Investmentberatern und Brokern bekannt gemacht wurden. Insbesondere habe Goldmann Sachs seine neu entwickelten ESG-Fragebögen im Investmentprozess erst ausgefüllt, nachdem die Wertpapiere bereits für die Aufnahme in die Portfolios ausgewählt worden waren. Darüber hinaus versäumte es Goldmann Sachs während des relevanten Zeitraums, die ESG-Fragebögen entgegen seinen eigenen Richtlinien und Verfahren an einem zentralen Ort aufzubewahren.

Das Verfahren führt eindringlich vor Augen, dass die Komplexität der vielfältigen ESG-Offenlegungspflichten nicht den Blick auf das Wesentliche verstellen darf. ESG ist in erster Linie eine Compliance-Aufgabe, die die Verankerung einer robusten und vorausschauenden Corporate Governance und eines effektiven Risikomanagements in der Unternehmensorganisation erfordert. Der Vorwurf der Nichtbefolgung der eigenen ESG-Richtlinien und Verfahren legt vorliegend besondere Defizite in diesem Bereich offen. Dabei dürften die 4-Mio.-US-Dollar-Strafe im Vergleich zum drohenden und bereits eingetretenen Reputationsschaden vergleichsweise geringer ins Gewicht fallen. Der Fall erinnert auch an den Fall der DWS/Deutsche Bank in Deutschland, die sich ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt sieht (siehe hierzu auch unseren Blog-Beitrag zum Greenwashing).

Greenwashing und die damit einhergehenden Haftungsrisiken für Unternehmen und Organträger lassen sich mittelfristig nur mit der Einrichtung klarer Governance-Strukturen und Compliance-Vorgaben unter Einbeziehung der relevanten  ESG- und Nachhaltigkeitsaspekte verhindern. Geschäftsleiter müssen ihre Compliance- bzw. integrierten Governance, Risk und Compliance (GRC)-Systeme und die darin zuständigen Funktionen inhaltlich und strukturell auch auf ESG-/Nachhaltigkeitsthemen und -risiken ausrichten. Neben einer klaren Definition von Zuständigkeiten, erfordert die Einbeziehung von ESG- und Nachhaltigkeitsthemen mehr denn je die kontinuierliche Kommunikation und Abstimmung aller Gatekeeper-Funktionen untereinander.

Durch die am 10. November 2022 vom Europäischen Parlament verabschiedete Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD – siehe auch unseren Blog-Beitrag) zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung rückt die Thematik für in der EU ansässige Unternehmen nochmals stärker in den Fokus. Mit der CSRD werden neben detaillierten Angaben zu Umwelt- und Sozialaspekten auch solche zu Governance-Faktoren wie bspw. zur Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens, auch in Bezug auf Fragen der Nachhaltigkeit, und ihre Zusammensetzung oder zu den internen Kontroll- und Risikomanagementsysteme des Unternehmens, auch in Bezug auf den Berichterstattungsprozess, gefordert.  Mittels von der European Financial Reporting Agency Group (EFRAG) erarbeiteten delegierten Rechtsakten werden verbindliche einheitliche EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt, um eine europaweite vergleichbare Berichterstattung zu erreichen. Einen ersten Entwurf für Standards zur Governance/Unternehmensleitung hat die EFRAG am 15. November 2022 veröffentlicht. Um sicherzustellen, dass die Unternehmen zuverlässige Informationen liefern, werden sie zukünftig einer unabhängigen Prüfung und Zertifizierung unterzogen. Es ist davon auszugehen, dass die Richtlinie spätestens 2023 in Kraft tritt. Für große Unternehmen von öffentlichem Interesse (mit mehr als 500 Beschäftigten), die bereits der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung unterliegen, werden die Vorschriften ab dem 1. Januar 2024 gelten, wobei die Berichte im Jahr 2025 fällig werden.

Sollten Sie Fragen zur ESG-/Nachhaltigkeitsregulierung, zur Prüfung, Gestaltung und Weiterentwicklung Ihrer Compliance-, Nachhaltigkeits- bzw. GRC-Systeme oder zur (deutschen/internationalen) Strafverfolgung wegen möglichen Greenwashings haben, stehen wir jederzeit gerne für ein Gespräch zur Verfügung.

Wir verfügen über langjährige Erfahrung in der Entwicklung und Implementierung effektiver und nachhaltiger Compliance-/GRC-Strukturen und-Systeme, unter anderem auch als (freiwillige oder behördlich auferlegte) Compliance-Monitore. Ebenso ausgeprägt ist unsere Expertise in der Beratung zu nationalen und internationalen Umwelt- und sonstigen Regulierungsbelangen. Gerne sprechen wir mit Ihnen über unsere Erfahrungen – auch dazu, was SEC, DOJ und deutsche Strafverfolgungs- und Regierungsbehörden von Unternehmen erwarten.

 

Link zur Meldung der SEC:

https://www.sec.gov/news/press-release/2022-209

https://www.sec.gov/litigation/admin/2022/ia-6189.pdf

 

Zur CSRD:

Sustainable economy: Parliament adopts new reporting rules for multinationals

ESRS G1 Business Conduct