Aktuelles von Pohlmann & Company

22.12.2022

Was lange währt: Hinweisgeberschutzgesetz nun vom Bundestag beschlossen

In seiner letzten Sitzung vor der Weihnachtspause hat der Bundestag das Hinweisgeberschutzgesetz am vergangenen Freitag verabschiedet. Das schließlich verabschiedete Gesetz enthält noch einige wenige Änderungen zum Regierungsentwurf, die auf Vorschlag des zuständigen Rechtsausschusses noch eingearbeitet wurden. Hier ist der Regierungsentwurf zu finden, der Ausgangspunkt der Veränderungen im Rechtsausschuss war (vgl. hier auch unseren Blogbeitrag vom 03.08.2022), und hier die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses. Das Gesetz muss nun noch vom Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündigt werden. Das wird vermutlich erst im Januar geschehen. Drei Monate später, also Anfang April, wird es dann für Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten in Kraft treten; für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten ist das Gesetz erst ab 17.12.2023 bindend.

Die beschlossenen Änderungen im Vergleich zum Referentenentwurf sind überschaubar. So wurde aus aktuellem Anlass die Meldung von verfassungsfeindlichen Äußerungen von Beamtinnen und Beamten in den Katalog der meldefähigen Sachverhalte aufgenommen. Darüber hinaus finden sich aber auch einige vom Rechtsausschuss eingeführte Änderungen in dem nun beschlossenen HinSchG, die auch für die Unternehmenspraxis und die Einrichtung interner Meldekanäle relevant sind:

  • Es ist nun ausdrücklich vorgesehen, dass Unternehmen die Möglichkeit der anonymen Meldung und der nachfolgenden anonymen Kommunikation mit dem Hinweisgeber bereitstellen müssen. Während die Bearbeitung anonymer Meldung im Referentenentwurf bloß empfohlen wurde, fand sich im Regierungsentwurf eine Soll-Vorschrift. Die Pflichten zur Ermöglichung anonymer Meldungen tritt erst ab 01.01.2025 in Kraft (§ 42 Abs. 2 HinSchG). Das spätere Inkrafttreten dieser Pflicht begründet der Gesetzgeber mit den Zusatzkosten für die notwendigen technischen Vorrichtungen oder der Beauftragung einer Ombudsperson sowie mit den zusätzlichen Belastungen bei der konkreten Einrichtung der Meldestelle.
  • Auch wenn es keine konkrete Änderung dazu im Gesetz gab, hat der Rechtsausschuss ausdrücklich betont, dass eine Konzernlösung begrüßt wird. Wörtlich:

Für konzernverbundene Unternehmen ist die Konzentration der Expertise für die Bearbeitung von internen Meldungen häufig von großer Bedeutung, um eine schnelle und professionelle Fallbearbeitung zu gewährleisten. Dies gewährleistet zum einen für hinweisgebende Personen ein hohes Schutzniveau, ermöglicht es zum anderen aber auch im Unternehmensverbund, gezielter konzernweite Probleme und Problemursachen festzustellen und wirksame Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Der Regierungsentwurf zeigt hierfür in der Begründung zu § 14 Absatz 1 HinSchG eine auf dieser Vorschrift basierende Lösungsmöglichkeit auf (sogenannte „Konzernlösung“). Danach kann die interne Meldestelle eines Unternehmens nicht nur beispielsweise an Anwaltskanzleien „outgesourct“ werden, sondern auch innerhalb eines Konzerns zentral bei einer Konzerngesellschaft eine unabhängige und vertrauliche Stelle als Dritter im Sinne des § 14 Absatz 1 HinSchG angesiedelt werden. (…) Der Ausschuss begrüßt diese Lösungsmöglichkeit ausdrücklich und weist auf ihre hohe Praxisrelevanz hin.“

  • Die Aufbewahrungsfrist für die Dokumentation der Meldung wird von zwei auf drei Jahre verlängert, um einen Gleichlauf mit der zivilrechtlichen Verjährung herzustellen.
  • Die Unternehmen müssen ihre internen Meldestellen so gestalten, dass sie Anreize zur vorrangigen Nutzung der internen vor der externen (behördlichen) Meldestelle schaffen. Welche Anreize das sein sollen, führt die Beschlussempfehlung nicht vertieft aus, es wird nur allgemein auf eine transparente Beschreibung des Meldeverfahrens verwiesen, auf gute Kommunikationskultur, Förderung sozialer Verantwortung und wirksamer Schutz vor Repressalien. Diese gesetzliche Regelung deckt sich aber ohnehin mit der gängigen Beratungspraxis, denn naturgemäß haben Unternehmen ein originäres Eigeninteresse, dass mögliche Gesetzesverstöße zunächst intern gemeldet werden, sodass schon aus diesem Grund ein System attraktiv für Beschäftigte sein sollte.
  • Zusätzlich ist die Möglichkeit des Schadensersatzes für immaterielle Schäden, also Schäden verursacht durch wirtschaftlich nicht greifbare Repressalien wie Mobbing, eingefügt worden.