Neues EU-Paket zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
Seit Langem hat der Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einen hohen Stellenwert für die EU. Dies zeigt sich unter anderem an den zahlreichen über die Jahre verabschiedeten, aktualisierten und erweiterten Richtlinien wie etwa der in 2018 verabschiedeten 5. EU-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843). Flankierend verabschiedete die EU zahlreiche weitere Richtlinien wie beispielsweise die Richtlinie zur strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche (Richtlinie (EU) 2018/1673). Aus dieser resultierte letztlich auch in Deutschland die konsequente Umsetzung des sogenannten „All-Crimes-Ansatz“ durch die Neuregelung des Geldwäschetatbestandes im Februar diesen Jahres mit der ersatzlosen Streichung des in § 261 Abs. 1 Satz 2, Nr. 1-5, Satz 2 StGB vorgesehenen Vortatenkatalogs.
Am Dienstag, den 20. Juli 2021, hat die EU-Kommission nun erneut ein Paket aus mehreren Richtlinien- und Verordnungsentwürfen zur Bekräftigung des Bekenntnisses der EU-Kommission zum Schutz der Bürger und des Finanzsystems der EU vor Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgelegt (siehe Pressemitteilung). Ziel ist die Aufdeckung dubioser Transaktionen sowie das Schließen von Schlupflöchern, die Kriminellen die Möglichkeit eröffneten, inkriminierte Gelder in die Finanzsysteme der Mitgliedsstaaten zu schleusen.
Die wichtigsten Neuregelungen aus den vorgelegten Gesetzgebungsvorschlägen im Überblick:
- Verordnung zur Schaffung einer neuen Aufsichtsbehörde auf EU-Ebene zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung: die Anti Money Laundering Agency (AMLA).
- Verordnung zur Schaffung EU-weiter Mindeststandards im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität, im Hinblick auf Kundensorgfaltspflichten, Meldepflichten und der Erfassung von Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten.
- Änderung der EU-Verordnung über Geldtransfers (Verordnung 2015/847) und Erweiterung des Anwendungsbereichs auf den Transfer von Krypto-Assets.
- Einführung einer Obergrenze für Barzahlungen von EUR 10.000 und Verbot der Bereitstellung anonymer „Krypto-Wallets“.
Die Anti-Money Laundering Agency nimmt zum 1. Januar 2023 die Arbeit auf
Eine EU-Behörde für die zentrale Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AMLA) soll zum 1. Januar 2023 ins Leben gerufen werden. Die AMLA soll als Herzstück eines integrierten Aufsichtssystems zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bilden, indem sie die Arbeiten der nationalen Behörden koordiniert. Diese soll die korrekte und einheitliche Anwendung der EU-Vorschriften und die Zusammenarbeit der nationalen Financial Intelligence Units (FIU) stärken. Darüber hinaus soll die AMLA die analytischen Kapazitäten der FIUs ausbauen und diese zu Informationsquellen für Strafverfolgungsbehörden machen.
Bestimmte, international tätige Finanzinstitute sollen in Zukunft direkt von der AMLA beaufsichtigt werden. Weiterhin ist die AMLA bei Verstößen gegenüber erteilten Anweisungen sanktionsberechtigt.
Ausgestattet wird die neu geschaffene Behörde mit 250 Mitarbeitern und einem Budget in Höhe von EUR 45,6 Mio. Das Budget wird zu 75% durch Finanzbeiträge von EU-Verpflichteten des Finanzsektors und zu 25% aus Mitteln des EU-Haushalts finanziert.
Verordnung EU-weiter Mindeststandards soll „einheitliches EU-Regelwerk“ schaffen
Zudem soll die Einführung eines „EU Single Rulebook“ den Flickenteppich an unterschiedlich ausgestalteten Regelungen der Mitgliedstaaten beseitigen und einen gemeinsamen Rechtsrahmen direkt anwendbarer Vorschriften und Anforderungen für Verpflichtete schaffen.
Das vorgeschlagene Regelwerk soll beispielsweise einheitliche Standards für Kundensorgfaltspflichten, Meldepflichten sowie die Einholung von Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten setzen. Darüber hinaus soll die Verordnung detaillierte Bestimmungen zu den Befugnissen und Aufgaben von Aufsichtsbehörden sowie zentralen Meldestellen enthalten und eine Verknüpfung nationaler Bankkontenregister vorsehen, um nationalen FIUs und Strafverfolgungsbehörden schnelleren Zugriff auf Informationen über Bankkonten zu ermöglichen.
Um Regelungs-Flickenteppiche künftig zu vermeiden, erlangen die neuen Regeln – im Unterschied zu den bisherigen Vorgaben, die auf Richtlinien basierten – aufgrund ihrer Ausgestaltung in Form einer EU-Verordnung nun sofortige Gültigkeit und müssen nicht mehr in nationales Recht umgesetzt werden.
Dienstleister im Bereich virtueller Assets und Kryptowährungen unterliegen nun EU-Vorschriften
Darüber hinaus hat die EU-Kommission unter anderem vorgeschlagen, die EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vollständig auf den Krypto-Dienstleistungs-Sektor auszuweiten. Somit wären künftig auch Crypto-Asset-Service-Provider (CASP) Verpflichtete und müssten sich dem Know Your Customer (KYC)-Regime der EU zur Feststellung von Kundenidentitäten unterwerfen. Zusätzlich wurde vorgeschlagen, die EU Überweisungs-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2015/847) umzugestalten und Informationsanforderungen für Überweisungen auch auf den Transfer von Krypto-Assets zu erweitern. Dies soll sicherstellen, dass analog zu Überweisungen von Fiat-Geld sowohl der Absender als auch der Empfänger von Krypto-Assets identifiziert werden kann. In diesem Kontext zu erwähnen ist auch das vorgeschlagene Verbot der Bereitstellung anonymer Krypto-Wallets – analog dem Verbot zur Bereitstellung anonymer Bankkonten.
Obergrenze für Barzahlungen zwischen Risikoreduktion und Wahrung des Bargelds als gesetzlichem Zahlungsmittel
Die vorgeschlagene 6. EU-Geldwäscherichtlinie enthält auch eine EU-weite Obergrenze für Barzahlungen in Höhe von EUR 10.000. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Einführung der Bargeldobergrenze mit Blick auf die bisherige Privilegierung von Güterhändlern (bisher galt auch hierfür eine Obergrenze von EUR 10.000 für Bargeschäfte) sowie Privatleute auswirkt. Die Mitgliedstaaten können weiterhin niedrigere Höchstgrenzen für Bargeschäfte festlegen, wie beispielsweise Griechenland mit einer Höchstgrenze von EUR 500.
Die EU-Kommission möchte mit diesem Grenzwert die Möglichkeiten von Kriminellen einschränken, inkriminierte Gelder in den Wirtschaftskreislauf zu schleusen. Gleichzeitig ist sie der Ansicht, dass dieser Grenzwert hoch genug ist, um den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel nicht infrage zu stellen und den Besitz sowie die Nutzung von Bargeld zu stigmatisieren.
Ausblick
Das vorgelegte Paket an Gesetzesentwürfen wirft seine Schatten voraus. Falls in dieser Form beschlossen, werden die EU-Verordnungen unmittelbar Gültigkeit entfalten und müssen nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Zunächst beginnt für die vorgelegten Gesetzesentwürfe jedoch der Abstimmungsprozess mit den EU-Mitgliedstaaten, der noch zu weitreichenden Änderungen der Entwürfe führen kann. Über neue Entwicklungen werden wir berichten.
Zunächst steht jedoch im Herbst 2021 noch das Ergebnis des Reviews der Financial Action Task Force (FATF) für Deutschland aus. Angesiedelt bei der OECD ist die FATF das wichtigste internationale Gremium zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Alle Mitgliedsstaaten und kooperierende Länder werden in regelmäßigen Abständen evaluiert. In der Folge der letzten Evaluierung 2010 wurden in Deutschland 40 Gesetzesänderungen vorgenommen. Sollte Deutschland erneut schlecht bei dieser Evaluierungsrunde abschneiden, werden wohl weitere Änderungen der Gesetze zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland erfolgen müssen.
An dieser Stelle möchten wir auch auf das am 10. Juni 2021 vom Bundestag verabschiedete Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG), das am 1. August 2021 in Kraft tritt, hinweisen. Aufgrund des Wegfalls der Meldefiktion müssen nach dem TraFinG nun auch börsennotierte Gesellschaften (sowie deren Tochter- und Konzerngesellschaften) ihre wirtschaftlich Berechtigten ermitteln und dem Transparenzregister melden. Zudem wird das Transparenzregister von einem bloßen Auffangregister zu einem Vollregister und ist stets auf dem aktuellen Stand zu halten.
Wir beraten und unterstützen Sie gerne bei der Umsetzung von Compliance-Maßnahmen, um auch diesen weiteren Schritt in der Geldwäschebekämpfung in ihren internen Abläufen adäquat zu integrieren. Unsere Beratung umfasst auch die Überprüfung bzw. Ausgestaltung der Prüfungspraxis bzgl. der wirtschaftlichen Berechtigten, den internen Prozesse zur Meldung an das Transparenzregister und weiteren Fragen zu einem etwaigen Handlungsbedarf (einschließlich Berichtigungsanträge, Folgeaufträge, Anträge auf Beschränkung der Einsichtnahme, Bußgeldverfahren vor dem Bundesverwaltungsamt, Einsichtnahmeprozesse, Unstimmigkeitsmeldungen, etc.).