Mit Urteil vom 26.08.2025 hat das Landgericht Frankfurt am Main es Apple Distribution International Ltd. („Apple“) untersagt, seine Smartwatch als „CO2-neutral“ zu bewerben. Das Gericht hat die entsprechende Werbung als irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG gewertet. Es gibt damit weitere Anforderungen an die Nachhaltigkeitskommunikation vor, die Unternehmen dringend beachten sollten.
Hintergrund der Vorwürfe
Apple bewarb seit 2023 drei Modelle der Apple Watch mit folgender – im Internet abrufbarer – Aussage: „Die Apple Watch ist unser erstes CO2 neutrales Produkt.“ Begründet wurde die Werbung damit, dass der Großteil der bei der Herstellung und dem Transport der Apple Watch entstehenden Emissionen bereits von Anfang an vermieden und lediglich ein „kleiner Rest“ über naturbasierte Kompensationsprojekte ausgeglichen werde. Das Unternehmen bezog sich hierbei auf ein Waldprojekt in Paraguay mit Eukalyptus-Plantagen, das den „kleinen Rest“ der CO2-Emissionen ausgleichen soll.
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. („DUH“) sah in der Werbung ein „dreistes Greenwashing“ und klagte beim Landgericht Frankfurt auf Unterlassung. Sie begründete ihre Klage damit, dass geplant sei, die betreffenden Eukalyptus-Plantagen im Jahr 2029 abzuholzen und Apple nicht über ausreichende Folgeverträge verfüge, die eine langfristige Nachnutzung sicherstellen.

Verbraucher können bis 2050 auf CO₂-Kompensation vertrauen
Das Landgericht Frankfurt am Main gab der DUH im darauffolgenden Verfahren bzgl. der Bewerbung der Apple Watch recht. Es entschied, dass Apple diese „Art der Werbung“ zu unterlassen habe (vgl. LG Frankfurt/Main, Urteil vom 26.08.2025 – Az.3-06 O 8/24).
Ob eine Werbung irreführend i. S. d. § 5 Abs. 1 UWG ist, hänge davon ab, welchen Gesamteindruck die Werbung bei den Verbrauchern als potenziellen Käufern hervorrufe. Ein Blick in das Pariser Klimaabkommen präge dabei die Erwartung der Verbraucher. Hiernach dürften spätestens in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts keine klimaschädlichen Gase mehr ausgestoßen werden, als der Atmosphäre durch ein Senken entzogen werden. In der Folge dürften Verbraucher dürften davon ausgehen, dass die CO2-Kompensation zumindest bis etwa 2050 gesichert sei.
Apple hat die Grundstücke aber größtenteils nur bis 2029 gepachtet. Eine gesicherte Verlängerung konnte Apple tatsächlich nicht nachweisen. In der Folge ging das Gericht davon aus, dass eine CO2-Kompensation nur bis zu diesem Zeitpunkt, also weit vor 2050, gewährleistet ist.
Konsequenzen der Entscheidung
Apple darf also (derzeit) nicht mehr mit der CO2-Neutralität der Apple Watch-Modelle werben. Andernfalls drohen Ordnungsgelder von bis zu 250.000,00 €. Ob das Unternehmen gegen das Urteil Berufung eingelegt hat, ist bislang nicht bekannt.
Neben der zivilrechtlichen Bewertung des Sachverhalts, kommt in bei dieser „Art der Werbung“ auch oft die Frage nach der strafrechtlichen Relevanz auf. Aus strafrechtlicher Sicht kommt hier allenfalls ein Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB in Betracht. Allerdings wird der für den Betrug erforderliche Vermögensschaden kaum nachweisbar sein, da die Apple Watch rein objektiv gesehen dem Verkaufspreis entspricht. Im Rahmen des „Diesel-Skandals“ hat die Rechtsprechung einen Vermögensschaden zwar unter anderem damit begründet, dass die Fahrzeuge einen geringeren Wiederverkaufswert aufweisen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020, Az. VI ZR 252/19). Die vom Landgericht Frankfurt angenommenen unzureichenden Kompensationsmaßnahmen werden allerdings kaum Einfluss auf den Wiederverkaufswert der Apple Watch haben. Ein objektiver Vermögensschaden liegt also nicht vor.
In solchen Fällen wird im Strafrecht oft auf die Rechtsfigur des individuellen Schadenseinschlags abgestellt. Sie besagt, dass ein Schaden auch dann vorliegen kann, wenn der Käufer die Ware nicht für den von ihm vertraglich vorausgesetzten Zweck oder nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden kann. Das wird hier aber kaum der Fall sein, auch wenn die CO2-Neutralität mitausschlaggebend für die Kaufentscheidung gewesen sein mag. Denn die Apple Watch kann – trotz irreführender Werbung – für den vorausgesetzten Zweck verwendet werden.
Eine Strafbarkeit nach § 16 Abs. 1 UWG scheidet aus, da aus Apple’s Sicht ausreichende Kompensationsmaßnahmen ergriffen wurden. Zudem müsste Apple darauf abgezielt haben, den Anschein eines besonders günstigen Angebots zu erwecken. Das setzt voraus, dass die beworbene Eigenschaft einen besonderen Anreiz zum Erwerb bietet. Ein solcher Anreiz ist jedoch in der Aussage zur CO2-Neutralität beim Kauf einer Apple Watch eher nicht zu sehen.
Bedeutung der Entscheidung für Unternehmen
Die Entscheidung hebt abermals die Anforderungen an klima- und umweltbezogene Werbung hervor. Sie folgt damit dem Bundesgerichtshof, der in seinem Urteil zur Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ bereits erhöhte Anforderungen an die Aufklärung der Verbraucher gestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2024, Az. I ZR 98/23). Unternehmen, die ihre Produkte als „CO2-neutral“ oder „klimaneutral“ bewerben, müssen also sicherstellen, dass die zugrunde gelegten Kompensationsmaßnahmen nicht nur tatsächlich existieren, sondern auch langfristig und verlässlich gesichert sind. Eine bloß zeitlich (mittelfristig) begrenze Kompensation reicht nicht aus, um die Erwartungen der Verbraucher zu erfüllen und den rechtlichen Anforderungen des § 5 UWG zu genügen.
Darüber hinaus verbietet es die EU-Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel zukünftig, Umweltaussagen zu treffen, wonach ein Produkt hinsichtlich der Treibhausgasemissionen neutrale, verringerte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat, wenn diese Aussage lediglich mit der Kompensation von Treibhausgasemissionen begründet werden kann. Die Richtlinie ist bis 27.03.2026 in nationales Recht umzusetzen und ab dem 27.09.2026 anzuwenden. Auch wenn der 2023 veröffentlichte Vorschlag für eine weitere EU-Green-Claims-Richtlinie, der weitere verbindliche Standards für solche Nachhaltigkeitsaussagen schaffen sollte, derzeit auf Eis liegt, ist bei Aussagen zur CO2-Neuträlität also äußerste Sorgfalt geboten