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18.06.2019

Deutscher Corporate Governance Kodex: Reform 2019 beschlossen

Wie die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex mitgeteilt hat, wurde am 9. Mai 2019 eine neue Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex („Kodex“) beschlossen.

Sowohl seine Entwurfsfassung vom 6. November 2018 als auch der neue Kodex zeichnen sich nicht nur durch zahlreiche inhaltliche Änderungen, sondern auch durch eine vollständig neue Struktur und Systematik aus.

Im Vergleich zum alten Kodex vom 7. Februar 2017 haben sich im neuen Kodex vor allem fünf wesentliche Änderungen ergeben:

1. Einführung von 25 Grundsätzen

Neben den bereits bekannten Empfehlungen (die im Text durch die Verwendung des Wortes „soll“ gekennzeichnet sind, verbunden mit dem Prinzip des „comply or explain“) und Anregungen (deren Nichteinhaltung hingegen nicht offengelegt werden muss; diese sind gekennzeichnet durch den Begriff „sollte“), wird nun die neue Kategorie der Grundsätze eingeführt. Der neue Kodex enthält 25 Grundsätze, die inhaltlich zum Großteil allerdings bereits im alten Kodex enthalten waren. Die Grundsätze sollen laut neuem Kodex „wesentliche rechtliche Vorgaben verantwortungsvoller Unternehmensführung wieder[geben] und […] der Information der Anleger und weiterer Stakeholder [dienen].“ Beispiele hierfür sind: Das Sorgen des Vorstandes für die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen (Grundsatz 5) und die Aufgabe des Aufsichtsrats zur Bestellung und Entlassung des Vorstandes (Grundsatz 6).

2. Empfehlungen zur Vorstandsvergütung

Der Kodex enthält – wie erwartet – umfangreiche Empfehlungen zur Festlegung des Vergütungssystems des Vorstands und der konkreten Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder. Unter anderem wird empfohlen, dass „[…] die Maximalvergütung im Vergleich zu den Arbeitnehmern […] der Öffentlichkeit erklärt werden könne“ und dass „[…] die langfristige variable Vergütung […] überwiegend in Aktien der Gesellschaft gewährt werden [soll]“. Keine weitergehenden Empfehlungen oder Anregungen enthält der Kodex hingegen zum neuen Vergütungsbericht nach § 162 AktG-E (Vergütungsbericht), da diese Norm selbst umfangreiche Vorgaben zur Angabe von Vergütungen und Leistungen an Vorstandsmitglieder enthalten wird. Dementsprechend wurden auch die bisherigen Mustertabellen aufgeben.

3. Definition der Unabhängigkeit der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat

Die Neufassung des Kodex empfiehlt, dass mehr als die Hälfte der Anteilseignervertreter unabhängig von der Gesellschaft und vom Vorstand sein soll. In diesem Zusammenhang wurde mit dem neuen Kodex auch ein Indikatorenkatalog hinsichtlich der fehlenden Unabhängigkeit der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat eingeführt. Sobald ein Indikator erfüllt ist, gilt das Aufsichtsratsmitglied nicht mehr von vornherein als unabhängig. Das Unternehmen hat jedoch die Möglichkeit, ein Mitglied pflichtgemäß, d.h. mit guten Gründen als unabhängig anzusehen, obwohl ein Indikator aus dem Katalog vorliegt. Dies ist dann in der Erklärung zur Unternehmensführung zu begründen.

4. Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern von einem kontrollierenden Aktionär

Der neue Kodex empfiehlt zudem, dass eine angemessene Anzahl von Aufsichtsratsmitgliedern unabhängig von einem kontrollierenden Aktionär sein sollen. Bei einem Aufsichtsrat von bis zu sechs Mitgliedern soll mindestens ein Anteilseignervertreter und ab sieben sollen mindestens zwei Anteilseignervertreter unabhängig von einem kontrollierenden Aktionär sein.

5. Begrenzung der Anzahl der Aufsichtsratsmandate

Der alte Kodex wiederholt die gesetzliche Pflicht der Aufsichtsratsmitglieder, der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die notwendige Zeit zu widmen. Diese Festlegung wird nunmehr als Grundsatz fortgeführt. Ergänzend hierzu empfiehlt der neue Kodex von 2019 nunmehr eine konkrete Beschränkung auf bis zu fünf Aufsichtsratsmandate. Außerdem sollen Vorstände von börsennotierten Unternehmen nicht mehr als zwei Aufsichtsratsmandate wahrnehmen. Der Vorsitz eines Aufsichtsratsmandat zählt dabei stets doppelt.

 

Der neue Kodex tritt erst in Kraft, wenn er durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesanzeiger veröffentlicht worden ist. Bis zum Inkrafttreten des neuen Kodex wird allerdings noch einige Zeit vergehen, da die Einreichung zur Veröffentlichung des Kodex durch das Ministerium aufgeschoben ist. Grund hierfür ist die Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie in deutsches Recht (ARUG II); etwaige Änderungen und Anpassungen, die sich nach dem Inkrafttretens des ARUG II auf das Aktiengesetz ergeben, sollen auf diese im Kodex noch nachvollzogen werden.

Bis zur Veröffentlichung des neuen Kodex im Bundesanzeiger und Inkrafttreten behält der Kodex in der Fassung vom 7. Februar 2017 seine Gültigkeit (hier zum Kodex 2017). Den Kodex von 2019 finden Sie hier. Außerdem finden Sie die Pressemitteilung der Regierungskommission Deutsche Corporate Governance Kodex hier sowie eine kommentierte Fassung mit Begründungen hier.